Die National Audubon Society rief 1973 das Projekt Puffin ins Leben, um herauszufinden, wie man Papageientaucher auf den historischen Nistinseln im Golf von Maine wieder ansiedeln kann, den diese Vögel galten als fast ausgestorben. Es gab nur noch wenige Tiere.
Steve Kress interessierte sich schon von jeher als Ornithologe für Seevögel, die vor der Ausrottung standen bzw. stehen. Gerade Papageientaucher standen in seinem Focus. Jäger und Fischer hatten im 19. Jahrhundert diese Vögel auf den Inseln vor der Küste Maines nahezu ausgerottet.
Um diesen ökologischen Missstand zu beheben, beschloss er, Papageientaucher auf einer Insel – Eastern Egg Rock – wieder anzusiedeln. Um den Plan in die Tat umzusetzen, mussten Skeptiker überzeugt, Ressourcen gefunden und Wiederherstellungsmethoden erfunden werden – und das zu einer Zeit, als viele noch daran glaubten, »der Natur ihren Lauf zu lassen«. Er rief das Projekt Puffin (Projekt Papageientaucher) 1973 ins Leben.
Heute, mehr als vier Jahrzehnte später, bezieht sich Project Puffin auf die aktiven Programme zur Wiederherstellung von Papageientauchern und anderen Seevögeln in Maine sowie auf zahlreiche öffentliche Bildungsprogramme. In Maine und darüber hinaus ist Project Puffin auch als Audubon’s Seabird Institute (ehemals Seabird Restoration Program) bekannt. Es arbeitet aktiv daran, Wiederherstellungsmethoden zugunsten seltener und gefährdeter Seevögel weltweit zu verbreiten und gleichzeitig eine Kultur des Schutzes und der Wertschätzung von Seevögeln aufzubauen.
Eastern Egg Rock
Das Projekt Puffin begann mit dem Versuch, Papageientaucher am Eastern Egg Rock in der Muscongus Bay, etwa sechs Meilen östlich von Pemaquid Point, wieder anzusiedeln. Papageientaucher hatten dort bis etwa 1885 gebrütet, als Jäger die letzten Überlebenden dieser einst blühenden Kolonie erlegten. Die Wiederansiedlung von Papageientauchern auf Eastern Egg Rock beruht auf der Tatsache, dass junge Papageientaucher in der Regel zum Brüten auf dieselbe Insel zurückkehren, auf der sie geschlüpft sind.
Junge Papageientaucher von Great Island, Neufundland (wo etwa 160.000 Paare nisten), wurden im Alter von 10 bis 14 Tagen auf den Eastern Egg Rock umgesiedelt. Die jungen Papageientaucher wurden dann etwa einen Monat lang in künstlichen Erdhöhlen aufgezogen. Audubon-Biologen legten jeden Tag eine Handvoll mit Vitaminen angereicherter Fische in die Höhlen und übernahmen so den Platz der Elterntiere. Als die jungen Papageientaucher flügge wurden (der Zeitpunkt, an dem die Vögel das Nest verlassen), erhielten sie Beinbänder, damit sie in Zukunft wiedererkannt werden konnten. Man hoffte, dass sie nach ihren ersten zwei bis drei Jahren auf See zurückkehren würden, um eine neue Kolonie auf Eastern Egg Rock und nicht auf Great Island zu gründen. Da dies der erste Versuch war, eine Papageientaucher-Kolonie wiederherzustellen, war das Ergebnis unbekannt.
Zwischen 1973 und 1986 wurden 954 junge Papageientaucher von Great Island nach Eastern Egg Rock umgesiedelt, von denen 914 erfolgreich flügge wurden. Die umgesiedelten Papageientaucher begannen im Juni 1977 nach Eastern Egg Rock zurückzukehren. Um sie an Land zu locken und die Vögel zu ermutigen, den Nistplatz zu erkunden, wurden hölzerne Papageientaucher-Köder auf großen Felsblöcken aufgestellt. Diese wurden von den neugierigen Jungvögeln gerne besucht, die oft bei den Modellen saßen und an ihren steifen Holzschnäbeln pickten. Die Zahl der jungen Papageientaucher nahm langsam zu. Im Jahr 1981 nisteten vier Paare unter Felsbrocken am Rande der Insel. Inzwischen ist die Kolonie auf 150 Paare angewachsen.
Seal Island National Wildlife Refuge
1984 begannen die National Audubon Society und der Canadian Wildlife Service ein ähnliches Projekt zur Wiederherstellung der Papageientaucher im Seal Island National Wildlife Refuge in der äußeren Penobscot Bay (6 Meilen östlich von Matinicus Rock). Hunderte von Papageientauchern nisteten einst in dieser großen Papageientaucher-Kolonie an der Küste von Maine, doch die Jagd nach Nahrung und Federn dezimierte diese Kolonie bis 1887. Zwischen 1984 und 1989 wurden 950 Papageientaucher-Küken von Great Island Newfoundland nach Seal Island umgesiedelt, von denen 912 flügge wurden. Sieben Paare kehrten 1992 – acht Jahre nach Beginn des Projekts – zum Nisten zurück. Die Kolonie hat sich rasch auf etwa 500 Paare vergrößert. Die Wiederansiedlung von Papageientauchern in Eastern Egg Rock und im Seal Island National Wildlife Refuge sind hoffnungsvolle Projekte, die zeigen, wie der Mensch Wildtierpopulationen wiederherstellen kann, anstatt sie nur zu dezimieren.
Heute nisten mehr als 1.000 Papageientaucherpaare auf fünf Inseln in Maine (Eastern Egg Rock, Matinicus Rock, Seal Island NWR, Large Duck Island und Petit Manan Island NWR). Etwa 5.000 weitere Paare nisten auf Machias Seal Island.
Methoden zur Rettung von anderen Seevögeln
Biologen von National Audubon haben auch Techniken für die Rettung von Seeschwalben und Sturmschwalben entwickelt, Arten, die in den letzten Jahren ebenfalls zurückgegangen sind. Techniken wie Möwen- und Vegetationskontrolle, der Einsatz von Seeschwalbenködern und Tonbandaufnahmen von Balzgeräuschen, die von den Inseln aus gesendet werden, tragen zur Wiederherstellung der Kolonien bei. Diese Bemühungen sind so erfolgreich, dass in den letzten Jahren Eastern Egg Rock und Stratton Island (Saco Bay, Maine) zu den größten Kolonien der gefährdeten Rosenseeschwalbe in Maine geworden sind. Diese Techniken haben auch dazu beigetragen, die Seeschwalben auf Matinicus Rock zu schützen und neue Seeschwalbenkolonien auf verschiedensten Inseln zu gründen. Diese Kolonien bieten 100 % der Rosenseeschwalben, etwa 80 % der Flussseeschwalben, 65 % der Küstenseeschwalben und etwa die Hälfte der Zwergseeschwalben in Maine einen Nistplatz.
Die entwickelten Methoden erweisen sich auch als nützlich, um gefährdeten Seevögeln auf den Galapagos-Inseln in Ecuador (Dunkelbürzel-Sturmvögel), in Japan (Kurzschwanz-Albatrosse) und der Chinesischen Haubenseeschwalbe (China) zu helfen.
Die Wiederherstellung von Seevogelkolonien erfordert jahrelange, beharrliche Arbeit, da so viele Faktoren, die den Erfolg beeinflussen, außerhalb der Kontrolle der Forscher liegen. So müssen junge Papageientaucher beispielsweise ausreichend Nahrung und saubere Gewässer vorfinden und gleichzeitig Raubtiere vermeiden. Leider verringern der Klimawandel, Ölverschmutzungen, durch die kommerzielle Fischerei dezimierte Fischbestände, das Verfangen in Fischernetzen und der Raub durch Möwen die Zahl der überlebenden Vögel. In Anbetracht dieser Widrigkeiten ist die Gründung neuer Seevogelkolonien und der Schutz bestehender, produktiver Kolonien durch den Einsatz von saisonalen Seevogelwächtern an den wichtigsten Standorten besonders wichtig.
Spannend ist, dass die im Rahmen des Projekts entwickelten Techniken dazu beigetragen haben, seltene und bedrohte Seevögel weltweit wieder anzusiedeln. Dieses Projekt war und ist Inspirationsquelle für 48 weitere Rettungsprojekte in 14 Ländern. Außerdem dienen die wieder angesiedelten Papageientaucher jetzt als Fenster zu den Auswirkungen der globalen Erwärmung. Der Erfolg von Dr. Kress’ Projekt gibt Hoffnung, dass Menschen verloren gegangene Wildtierpopulationen und die Lebensräume, die sie beherbergen, wiederherstellen können. Der Bedarf an solcher Inspiration war noch nie so groß wie heute.
»Wir können nicht darauf warten, dass die Natur wieder ins Gleichgewicht kommt. Dieser Mythos führt zu fahrlässiger Untätigkeit. Verantwortungsvolles, durchdachtes Handeln ist die einzige vernünftige Maßnahme, um ein Aussterben zu verhindern.«
Stephen Kress
Teile des Artikels aus dem Englischen übersetzt.
Quelle und Bildmaterial: Audubon Projekt Puffin