Alternativenergie hat in Kroatien kaum Bedeutung – trotz gewaltiger Potenziale. Die grüne Energiegenossenschaft «ZEZ» (Zelena Energetska Zadruga) hat sich vorgenommen, dies zu ändern.

Kroatien zählt beim Solarausbau zu den Schlusslichtern innerhalb der EU.

Der Autor Adrian Meyer von EWS Schönau (Elektrizitätswerke Schönau) hat einen Bericht über die Entwicklung in Kroatien geschrieben. Ein Leser von Lichtblicke hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich habe die wichtigsten Aussagen zusammengestellt. Das Original findet Ihr als Link am Ende des Artikels.

Der Anteil der Solarenergie (in Kroatien) am Strommix betrug 2021 nur knapp ein Prozent. Zwar ist der Anteil erneuerbarer Energien in Kroatien relativ hoch; etwa 70 Prozent des Stroms wird in Wasser- und Windkraftwerken sowie in Bioenergieanlagen erzeugt. Vor allem die Wasserkraft sorgte dabei lange für niedrige Strompreise: Aktuell kostet eine Kilowattstunde 1,06 kroatische Kuna, umgerechnet rund 14 Cent. Dennoch ist das Land abhängig von Energieimporten: von Öl, Kohle, Gas. Wenn die Wasserkraftwerke in trockenen Jahren zu wenig Energie liefern, füllt Fossilenergie aus dem Ausland die Lücke. Und regenarme Sommer werden wegen des Klimawandels immer häufiger.

Um die Erneuerbaren auszubauen, setzte die Politik bisher vor allem auf Windkraftanlagen, von denen in den vergangenen Jahren Hunderte im Land errichtet wurden – oft von internationalen Konzernen. Sonnenenergie aber wurde lange nicht gefördert, war daher schlicht nicht konkurrenzfähig. Und so hat Kroatien heute eine vergleichsweise mickrige installierte Photovoltaikleistung: Anfang des Jahres waren es gerade einmal 140 Megawatt – bei einem Potenzial von 6,8 Gigawatt. Ausgerechnet in einem Land mit mehr als 2.300 Sonnenstunden jährlich spielt die Solarenergie kaum eine Rolle – zumindest bisher: Denn nun erfährt Kroatien seinen ersten Solar-Hype überhaupt. Ausgelöst wurde er durch die Coronakrise, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – und die steigenden Energiepreise.

Quelle:EWS Schönau

Für die ZEZ bietet sich aufgrund dieser Zahlen eine Chance, auf die sie lange gewartet haben. Die ZEZ-Genossenschaft wurde 2013, im Rahmen eines UN-Programms, gegründet und die Idee gemeinschaftlicher Produktion von Sonnenenergie nahm seinen Anfang. Der Mitgründer Zoran Kordić führt mit Melani Furlan das ZEZ-Büro am Stadtrand von Zagreb. Dort arbeiten inzwischen 20 Menschen für die ZEZ, das Team ist jung und vielfältig aufgestellt.

In einem Ihrer ersten Projekte versorgten sie Bauernfamilien in abgelegenen Ortschaften mit Solar-Inselanlagen. Die Familien waren seit den Jugoslawienkriegen von der Stromversorgung abgeschnitten. Es entfielen dadurch teure Dieselgeneratoren und das »frei gewordene Geld« konnten sie anderweitig verwenden, z. B. konnten sie Kühlanlagen für ihre Kuhmilch betreiben, damit sie diese weiterverkaufen konnten. Dem Mitbegründer der ZEZ, Zoran Kordić, war es wichtig, dass die Menschen ein unabhängigeres und selbstbestimmtes Leben führen konnten.

Der anfängliche Erfolg wurde durch die Politik geschmälert. 2014 gab die kroatische Regierung das Ende der Einspeisevergütung bekannt. Es vergingen vier mühsame Jahre.

Endlich gelang der ZEZ ein weiteres Solar-Projekt. Dies war ein erfolgreiches Crowdfunding in der Stadt Križevci.

Quelle: ZEZ – Das erste Solardach in Kroatien in den Händen der Bürgerinnen und Bürger

Auf Initiative der Genossenschaft finanzierte die Bürgerschaft der Kleinstadt Križevci nordöstlich von Zagreb eine Solaranlage auf dem Dach des dortigen Verwaltungsgebäudes. Innerhalb von zehn Tagen fanden sich 53 Geldgeber. Sie investierten umgerechnet jeweils 500 EUR in eine 30-Kilowatt-Anlage, die in Partnerschaft mit der Gemeinde betrieben wird. Aus der Initiative entwickelte sich zwei Jahre später – wieder mit Unterstützung der ZEZ – die lokale Bürgerenergiegenossenschaft «KLIK», um die Stadt durch Solarprojekte energieunabhängiger zu machen. Mittlerweile gilt Križevci als eine der führenden Städte Kroatiens auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Unsere Geschichte handelt von einem Solarkraftwerk mit einer Leistung von 30 kW auf dem Dach des Entwicklungszentrums und Technologieparks in Križevci, einer schönen kleinen Stadt, 60 Kilometer von der kroatischen Hauptstadt Zagreb entfernt. Die Stadt ist klein, aber sie ist die erste Stadt in Kroatien, die ein Solarkraftwerk hat, das vollständig von den Bürgern als Kleininvestoren finanziert wird.

The First Solar Roof in Croatia in Hands of the Citizens

Für den Erfolg musste jedoch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, sowohl bei der Politik als auch bei den Bürgern und Bürgerinnen.

Das Interesse war gering, Kampagnen kamen nur schleppend voran. «Die Menschen und die Politik verstanden nicht, wie viel Genossenschaften bewegen können.» Nicht nur die hohen Investitionskosten schreckten ab: Ein gewisser Egoismus, der in Kroatien heutzutage vorherrsche, sorge dafür, dass Genossenschaften dort einen schweren Stand haben, erklärt sie. Nach dem gewaltsamen Zusammenbruch Jugoslawiens habe der Gemeinschaftssinn gelitten. Der Krieg habe nachhaltig für Misstrauen gesorgt, weshalb sich heute jeder selbst der Nächste sei. «Sich einzubringen für das Gemeinwohl wird weder politisch noch kulturell unterstützt.». Zudem wecke das kroatische Wort für Genossenschaft, «Zadruga», ungute Erinnerungen an die Zeit der sozialistischen Diktatur, als die Landwirtschaft zwangskollektiviert wurde und nach der Bodenreform von staatlich geführten Kooperativen bestimmt war.

Melanie Furlan / Quelle: EWS Schönau

Die ZEZ musste andere Wege suchen. Dies gelang durch das EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation. An acht Projekten konnte sich die Genossenschaft beteiligen. «Wir nahmen alles, was wir kriegen konnten», berichtet Kordić. «Damit haben wir viel Vertrauen aufgebaut.» Sie würden sich zuerst um die solare Infrastruktur kümmern, Hauptsache, es bewege sich nach all den Jahren etwas. Dies würde am einfachsten bei privaten Solaranlagen auf den Dächern von Hausbesitzern gelingen. Seit 2019 können diese durch ein kroatisches Gesetz von staatlichen Förderungen profitieren.

Leider kann die Idee gemeinschaftlicher Energieproduktion (Nachbarinnen und Nachbarn tun sich in Mietshäusern zusammen, um eine Solaranlage zu betreiben) im Moment nicht umgesetzt werden, da die Gesetzgebung dies bei Mietshäusern verbietet. Doch ist dies nicht in Stein gemeißelt und kann sich die nächsten Jahre ändern.

Die ZEZ startete vor zwei Jahren die Plattform «Na sunčanoj strani» («Auf der Sonnenseite») und bietet dort einen kostenlosen Beratungsservice für Hauseigentümer, die eine Solaranlage installieren wollen. Die ZEZ prüft, ob sich diese an dem jeweiligen Standort überhaupt lohnt, wie hoch die Investitionskosten sind und wie viel sich an Stromkosten einsparen lässt – und informiert darüber, welche Genehmigungen notwendig sind oder wie man einen Installateur findet. Dazu arbeitet die Genossenschaft mit rund dreißig zertifizierten Solartechnik-Firmen zusammen, die man über ein Verzeichnis auf der Website kontaktieren kann.

Furlan, Kordić und Team organisieren zusätzlich landesweit wöchentlich Infoveranstaltungen, um die Plattform näherzubringen und Fragen zu privaten Solaranlagen zu beantworten. Wünschen wir dem Team von ZEZ, dass es weiter vorangeht und sie ihre Träume verwirklichen können.

Bild- und Textquellen: EWS Schönau (Originalartikel), ZEZ